Seit dem Extremsommer 2018 und der „Fridays for Future“-Bewegung sind Klimawandel, Naturschutz und Nachhaltigkeit im Bewusstsein einer breiteren Bevölkerung angekommen. Für die Schule stellt sich hierin auch eine auf die Lebenswirklichkeit abzielende Bildungsaufgabe.
Dank der Entschleunigung des Lehrens und Lernens im Schulversuch „Mittelstufe Plus“ am GWSG Bad Windsheim wurde es jetzt schon zum zweiten Mal möglich, dass eine Klasse (diesmal: 9+a) eine Projektwoche im Bergwald-Erlebniszentrum Ruhpolding verbringen konnte, und zwar vom 1. bis zum 5. Juli 2019. Schon bei der weiten An- und Abreise wurde diesen Ideen Rechnung getragen, indem kein Bus gemietet, sondern die Eisenbahn als umweltfreundlichstes Verkehrsmittel benutzt wurde – wenn es auch nicht einfach war, dass 28 Schüler/-innen und zwei Lehrkräfte mit großem Gepäck vier Mal umsteigen mussten.
Die Unterkunft, ein umgebautes und erweitertes ehemaliges Forsthaus, lag malerisch mitten im Wald an einem rauschenden Bergbach und gefiel der Klasse sofort mit seinen großen Fenstern, viel Holz und der einfachen, aber gemütlichen Einrichtung. Allerdings empfanden einige die Schlafräume als recht beengt. Die notwendigen Dienste für die Allgemeinheit (z.B. Hilfe in der Küche) wurden ohne Murren akzeptiert und mit Eifer durchgeführt – auch das ein Erziehungsziel.
An drei Vormittagen wurden die Schüler/-innen in Gruppen eingeteilt und hatten unter Anleitung erfahrener Forstleute praktische handwerkliche Arbeiten zu verrichten: Hilfe bei der Instandsetzung von Wanderwegen, Treppen und Zäunen, Anbringen von Drahtnetzen an Jungbäumen zum Schutz vor Wildverbiss, Holzbearbeitung mit der großen Zugsäge und Entrinden gefällter Baumstämme von Hand mit dem Schepser. Den Jugendlichen wurde so erstmals bewusst, wie vielfältig sich Forstarbeit und Waldpflege heute darstellen. Die drückende Hitze der letzten Junitage war zwar zum Glück vorbei, aber dennoch floss der Schweiß in Strömen, so dass nach Rückkehr in die Unterkunft sogar der Kräutertee rasch die Kehlen hinunter rann. Der Eifer, mit dem alle ans Werk gingen, wurde von den Leitern der Gruppen mit großem Lob bedacht.
Der Dienstagnachmittag war mit einer längeren Bergtour ausgefüllt. Gleich zu Beginn galt es, auf einer recht kurzen Wegstrecke einen für uns Franken ungewohnten Höhenunterschied zu bezwingen. Entschädigung für diese Mühe boten dann großartige Ausblicke in tiefe Schluchten mit Wildbach und Wasserfall sowie über eine weite Hochebene, die teilweise von einem Moor eingenommen war. Dank einer Ausnahmegenehmigung durfte dieses barfuß sogar betreten werden, was ansonsten streng verboten ist. Auch hier war der Wassermangel aufgrund der klimatischen Veränderung deutlich sichtbar. Interessant waren Fauna und Flora mit ihrem Reichtum an Insekten, Wollgras, Schachtelhalmen und Sonnentau, einer Fleisch fressenden Pflanze. Ohne dass der Klasse die Absicht vorab bekannt war, wurde auf dem letzten Stück des Rückwegs ein Wanderunfall (Knöchelverletzung) inszeniert. Es gelang einwandfrei, dass nach dem ersten Schreck die Schüler ihrem Kameraden praktisch und zweckmäßig erste Hilfe leisteten.
Der Mittwoch war nachmittags geprägt von Erlebnisspielen in der Natur, durch die Kooperation und Gruppenzusammenhalt gefördert werden sollten. Dieses Programm ersetzte auf Bestreben des örtlichen Verantwortlichen die von den Lehrkräften eigentlich eingeplante „Schatzsuche mit Karte und Kompass“. In den Abendstunden wurde mit Feuerstein, Stahl und Zunder ein Lagerfeuer entfacht. Wer wollte, konnte sich dann an Bratwurst, Marshmallows oder selbst gebackenem Stockbrot laben.
Der Donnerstag bot wohl den Höhepunkt der Ruhpolding-Woche, nämlich eine Wanderung in einem Wildbach durch eine tiefe, unzugängliche Schlucht. Teilweise bis weit über die Knie im kalten reißenden Wasser watend, war es nicht immer einfach, auf dem unebenen Grund das Gleichgewicht zu halten und immer wieder über große Felsbrocken oder umgestürzte Bäume zu klettern. Die Landschaft war überaus eindrucksvoll. Am Ende konnte man sich auf einer trockenen Kiesbank mit einem Sonnenbad wieder aufwärmen, doch einige besonders Mutige nahmen in einer tiefen Auskolkung sogar ein Vollbad.
Die Abende wurden mit Gesellschaftsspielen, Film schauen, Tischtennis oder einfach „Chillen“ dazu genutzt, nach dem anstrengenden Tagesprogramm wieder neue Kräfte zu sammeln.
Am Freitagmorgen hieß es Packen und Saubermachen. Dann folgte der Transfer mit Kleinbussen zum Bahnhof Ruhpolding – und anschließend die lange Rückreise ins heimatliche Mittelfranken, wo man sicher viel Aufregendes zu erzählen wusste.
Die Schüler bedanken sich bei der Schulleitung, dass sie diese faszinierende Woche möglich gemacht hat, und ebenso bei den begleitenden Lehrkräften für Organisation, Durchführung und Betreuung.
StD Wach